NACH OBEN

Events

Altehrwürdige Universitäten haben ihre Rituale. Die Ruhr-Universität hat eine Autobahnausfahrt. Die Sachlichkeit ist unserer Universität schon architektonisch eingeschrieben, aber letztlich leben auch Bochumer Studierende nicht vom Lehrstoff allein. Es braucht auch die Momente, in denen man merkt: Universität ist eine Lebensform. Nach zehn Jahren in England weiß ich um den gemeinschaftsstiftenden Wert von „Pomp und Circumstances“, aber keine Angst: Für diese Veranstaltungen brauchten Sie nicht Ihre beste Garderobe, sondern nur etwas intellektuelle Neugier und eine Offenheit für Neues. Kommen Sie einfach vorbei und erleben Sie, was Wissenschaft auch sein kann.

Frank Uekötter, Lehrstuhl für Technik- und Umweltgeschichte
 

Die Weihnachtsvorlesung

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Am Ende des Jahres gibt es einen Bedarf nach Besinnlichem. Bei den Katholischen Theologen lädt der Lehrstuhl für Neues Testament deshalb seit vielen Jahren zur Weihnachtsvorlesung. Das verlangte nach einer säkularen Alternative, und deshalb gibt es seit Dezember 2023 zwei Weihnachtsvorlesungen: eine für den Christenmenschen und eine für alle, die eher an die fünf lebenswichtigen Bausteine in Nutella glauben. Die Uraufführung drehte sich passenderweise um einen Stoff, der in Nutella reichlich vorhanden ist: Zucker – hier einmal präsentiert als welthistorisches Drama in fünf Akten.

Beim zweiten Mal ging es um den nächsten lebenswichtigen Baustein von Nutella, nämlich das Fett - genauer gesagt die Margarine. Das wurde dann eine Parabel auf die moderne Geschichte, auch wenn das vielleicht etwas unglaubwürdig klingt. Die Weihnachtsvorlesung kann man nicht wirklich beschreiben, es ist ein Gesamtkunstwerk aus Kerzenlicht, säsonadäquatem Backwerk und viel rhetorischem Bombast, das jeder schriftlichen Zusammenfassung spottet. Beim zweiten Mal kamen auch einige Studierende in Weihnachts-Pullovern. Da wächst etwas.

Prüfungsrelevant ist das nicht, aber dafür ein Erlebnis. Und vielleicht – hoffentlich! – wird das irgendwann zu der Bochumer Kult-Vorlesung, die jede/r, der Geschichte in Bochum studiert hat, einfach mal erlebt haben muss.

Die nächste Weihnachtsvorlesung findet am Montag, den 15. Dezember um 10 Uhr c.t. im Hörsaal HGA 30 statt. Ich danke meinem Kollegen Stefan Berger, der dafür im Rahmen seiner Vorlesung zur Geschichte des Ruhrgebiets die letzte Sitzung vor Weihnachten zur Verfügung stellt.
 

Die Einheit der Geschichtswissenschaft

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© Kilzer

Im Konzert der historischen Subdisziplinen gilt die Technik- und Umweltgeschichte als klassisches Nischenfach. Umso wichtiger ist es, das Gespräch mit den KollegInnen zu pflegen. Und kann man das nicht auch auf offener Bühne machen, als Zugabe zum normalen Lehrangebot? Zum Anfang meines ersten Semesters organisierte ich eine Veranstaltung, in der ich zusammen mit Tina Asmussen und Sandra Maß über neue Bücher zur Geschichte des Kapitalismus sprach. Das gefiel der Fakultät so gut, dass sie die zweite Veranstaltung dieser Art in ihren Forschungstag integrierte. Am 22. Januar 2025 diskutierten Soi Agelidis, Britta Hochkirchen, Constantin Goschler und ich über die Frage: Wie sollen die Geschichtswissenschaften auf die Krise der Demokratie reagieren? Die dritte Gesprächsrunde wird sich über ein ganzes Semester erstrecken, denn ich organisiere im kommenden Wintersemester die Ringvorlesung zum neuen Forschungsschwerpunkt des Historischen Instituts „Dis:Order“. Mehr Informationen zu dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Forschungsschwerpunkts.

Der Lauf der Geschichte

Für ein Studium der Geschichtswissenschaft lesen Sie eine Menge Bücher, sie schreiben Hausarbeiten und naschen vielleicht bei der Weihnachtsvorlesung an den Plätzchen. Alles gewiss ganz nett, aber hey – fit werden Sie damit nicht. Da hilft ein wenig Ausgleichssport, und weil Sport in der Gemeinschaft einfach mehr Spaß macht, trat am 27. Juni 2024 erstmals ein Team von Historikern beim AOK-Firmenlauf am Kemnader See an: die Weltpremiere des Teams "HIOB – Historians of Bochum".

Dieser Firmenlauf wird von den Veranstaltern mit dem üblichen Brimborium des Spätkapitalismus beworben: "Verknüpfung von Arbeit und Sport", "Wir-Gefühl", "Laufen für ein gutes Betriebsklima". Das Team HIOB steht für einen realistischen Blick auf die Welt und die 5,5 Kilometer Laufstrecke und steht deshalb unter dem biblischen Motto aus Hiob 2, 13: "... denn sie sahen, dass sein Schmerz sehr groß war." Damit können wir uns auch gegenüber den Theologen in den höheren Stockwerken von GA profilieren. Weitere Bedeutungen dieses Bibelverses entdecken Sie bei ordentlichem Tempo am Tag nach der Veranstaltung.

Und wie es sich für den Lauf der Geschichte gehört: Es geht immer weiter. Der zweite Lauf der Geschichte fand am 3. Juli 2025 statt, mit mehr Läufern und deutlich verbesserten Zeiten. Das lag womöglich am besseren Laufwetter – aber vielleicht ist das ja nur kruder Klimadeterminismus? Die fachwissenschaftliche Perspektive blieb nach vollbrachter Tat optional, denn eigentlich ging es um den Spaß am Laufen. Die nächste Ausgabe im Jahr 2026 ist fest im Blick.