Im Sommersemester 2025 bietet der Lehrstuhl für Technik- und Umweltgeschichte folgende Lehrveranstaltungen an:
Die Vorlesung bietet eine Einführung in die Umwelt-, Technik- und Sozialgeschichte Lateinamerikas in long-durée Perspektive und unter Berücksichtigung der Transfergeschichte. Sie richtet sich an alle Studierenden ohne Vorkenntnisse der Lateinamerikanischen Geschichte. Die Vorlesung hat zwei Ziele: Erstens zeichnet sie nach wie sich die Mensch-Natur-Technik- Beziehungen seit Ankunft der Europäer seit 1492 veränderten. Zweitens und grundlegender zeigt sie auf, wie sich Mensch-Natur-Technik- Geschichte untrennbar gegenseitig bedingten. Themen umfassen den Einfluss der europäischen Siedler auf die „neue Welt“ (z. B. die Einführung von Krankheiten und Dezimierung der indigenen Bevölkerung, der Import europäischer Pflanzen und Tiere, Siedlungspolitiken und Entwaldung - dem sogenannten „Columbian Exchange“, Crosby 1972); iberische Kolonialherrschaft, Sklaverei und Rohstoffabbau; der sogenannte „developing environmentalism“ seit den 1950ern; sowie die Umwelt-, Technik- und Sozialpolitik der autoritären Regime in den 1960er bis 1980er Jahren.
Donnerstag 12-14 Uhr
Erste Sitzung: 17. April 2025
GA 03/142
Dr. Nina Schneider
In diesem Seminar erarbeiten wir uns die Geschichte der Zuckerplantagen und ihrer Krisen in der „größeren Karibik“ (Hispaniola/Haiti, St. Domingue, Brasilien und Cuba). Mit den Portugiesen gelang der Zuckeranbau über die Azoren in die Americas, wo er bald in großem Maßstab angebaut wurde, um den europäischen Zuckerkonsum abzudecken. Dafür wurden Millionen transatlantischer Sklav:innen eingeführt. Zucker war von stragischer Bedeutung für die Kolonialherrschaft. Wir werden uns mit dem Aufgang und Niedergang der Zuckerplantagen auseinandersetzen: Warum erfuhr die Zuckerproduktion im post-revolutionären Haiti einen Niedergang, während sie nebenan auf St. Domingue überlebte? Welche Krisen erlebte die kubanische Zuckerproduktion zwischen dem 19. und 21. Jh.? Wie beeinflusste die Zuckerproduktion Mensch und Umwelt-beziehungen und wie veränderten sich diese im Laufe der Zeit? Dabei werden wir uns kontinuierlich mit großen Forschungsdebatten um den Zucker auseinandersetzen und schauen, inwiefern sie gelöst wurden. Das Seminar richtet sich an alle Studierende ohne Vorkenntnisse der Lateinamerikanischen Geschichte.
Freitag 10-12 Uhr
Erste Sitzung: 11. April 2025
GABF 04/356
Dr. Nina Schneider
Welche Zusammenhänge gab es zwischen Technikgeschichte und Kinderarbeit? Hat die industrielle Revolution überall zu mehr Kinderarbeit geführt? Und war ausbeuterische Kinderarbeit in England und Flandern stärker ausgeprägt als in Preußen oder Japan und wenn ja warum? In diesem Seminar werfen wir einen neuen Blick auf die klassische Geschichte der sogenannten industriellen Revolution: Wir analysieren den vielfältigen Zusammenhang zur Geschichte der Kinderarbeit. Wir untersuchen das Ausmaß und die Art der Kinderarbeit sowohl vor als auch nach der industriellen Revolution und ergründen die komplexen Bedingungen, die zu Kinderarbeit geführt haben. Der Fokus liegt insbesondere auf England, Frankreich, Belgien und Preußen. Ziel ist es anhand des Beispiels Kinderarbeit aufzuzeigen, wie eng Sozial- und Technikgeschichte miteinander verwoben sind. Zudem werden wir Mythen zur Geschichte der industriellen Revolution aufdecken und uns mit nach wie vor ungeklärten Diskussionen vertraut machen.
Freitag 12-14 Uhr
Erste Sitzung: 11. April 2025
GABF 04/516
Dr. Nina Schneider
In dieser Übung machen wir eine Bestandsaufnahme von verschiedenen lokalen und regionalen Archiven und erstellen zusammen einen Archivleitfaden. Dabei geht es nicht nur um die Frage, welche Quellenbestände könnten für die Technik-, Umweltgeschichte und Sozialgeschichte relevant sein (z. B. für Hausarbeiten, Abschlussarbeiten oder weiterführende Forschungsarbeiten; für die Lehre (Lehramtsstudierende); oder für Öffentlichkeitsarbeit/Austellungen). Wir wollen uns auch mit den verschiedenen Archivsystemen beschäftigen: Wie gut ist der Zugang für Forschende? Welche Quellen werden hier hauptsächlich archiviert und welche Perspektiven werden hier ausgeschlossen? Ziel der Übung ist es, nicht nur hands-on Quellenarbeit durchzuführen, sondern auch Lust auf Archivforschung zu machen und für Archivpolitik zu sensibilisieren (z. B. Finanzierung von lokalen Archiven).
Blockveranstaltung (Termine noch vorläufig!)
21. Juli 2025 bis 23. Juli 2025 10-16 Uhr / 23. Juli 2025 bis 25. Juli 2025 10-16 Uhr
GABF 04/516
Dr. Nina Schneider
In den Programmen politischer Parteien gewinnt ein neues Instrument an Bedeutung: das Reallabor oder Living Laboratory. Gemeint ist damit ein Experimentierraum zur Erprobung neuer Ansätze und Technologien (vom Grundeinkommen über Wasserstoffkraftwerke bis hin zu neuen Mobilitätskonzepten), in dem unter Einbindung von Behörden, Bürger:innen und Wissenschaftler:innen praxisnahes Wissen generiert wird. Statt riskante Entscheidungen direkt auf gesellschaftlicher Ebene zu treffen, sollen sie zunächst im Kleinen getestet werden. Reallabore zielen auf “regulatorisches Lernen”, das nicht aus historischer Erfahrung, sondern aus experimenteller Beobachtung schöpft und auf diesem Weg – so die Hoffnung – politische Fehler vermeiden hilft.
Doch Reallabore sind kein neues Phänomen. Die aktuelle Diskussion – etwa über Reallabor-Gesetze in Deutschland und Europa – blendet oft aus, dass die “partizipative” Wissensproduktion im Feld eine über hundertjährige Geschichte hat. Sie reicht von der Frühphase des Kalten Krieges bis in die Kolonialzeit zurück, als westliche Wissenschaftler:innen ganze Länder zu Laboratorien erklärten, um unter den dort als günstig gedeuteten Bedingungen ihre Thesen zu testen – häufig zum massiven Nachteil der dort Lebenden und ihrer Umwelt. Das so Gelernte floss dann nicht selten in die politischen Programme westlicher Regierungen ein.
Das Seminar fragt, ob sich der Reallabor-Ansatz von seiner kolonialen und neokolonialen Vergangenheit lösen konnte und warum er heute als Schlüsselinstrument progressiv-nachhaltiger Politik gilt. Diskutiert wird der Wandel zentraler Spannungsverhältnisse über die letzten gut hundert Jahre: Wissenschaft vs. Politik, Beobachtung vs. Teilnahme, Entmündigung vs. Partizipation, regulatorisches Herrschaftswissen vs. aktivistisches Gegenwissen.
Mittwoch 10-12 Uhr
Erste Sitzung: 9. April 2025
GABF 04/514
Dr. Lukas Held
Wir leben nach der Natur. Kein Ort auf unserm Planeten, der nicht vom Menschen geprägt wäre: vom Klima über die Lebensformen bis zur Hydrologie des Bodens und die Chemie der Meere. Aus Natur ist ganz und gar Umwelt geworden, ein Umstand, der seit über zwanzig Jahren mit dem Begriff des Anthropozäns zu fassen versucht wird. Und doch hält sich die Vorstellung einer Trennung zwischen Natur und Kultur bis heute. Das liegt zum einen daran, dass an diesem Gegensatz nicht weniger als unser modernes Selbstverständnis hängt. Zugleich aber hat es auch mit dem noch immer unvollständigen Instrumentarium zu tun, das zur adäquaten Erfassung unserer Umweltkrise geeignet wäre.
In der Übung fragen wir einführend nach der Geschichte des Natur-Kultur Gegensatzes und fokussieren dann auf Räume, die ihn systematisch unterlaufen: Orte wie Katastrophenschutzgebiete, entmilitarisierte Zonen, industrielle Abbaugebiete, Flughäfen, Mülldeponien und Staudämme, aber auch auf Projekte einer tolerierten oder forcierten Wiederverwilderung.
Leitend wird dabei die These sein, dass sich unser Umweltwissen historisch „im Spannungsfeld zwischen der Errichtung, Optimierung und Wartung von Infrastrukturen und dem politischen Kampf dagegen“ (Nils Güttler) geformt hat und es darum die technischen Landschaften sind, die eine zeitgemäße Umweltgeschichte in den Blick nehmen sollte. Ziel der Übung ist die gemeinsame Diskussion neuer Ansätze zur Beschreibung unseres Zustandes „nach der Natur“.
Freitag 14-16 Uhr
Erste Sitzung: 11. April 2025
GABF 04/356
Dr. Lukas Held
Das Schreiben gehört zum Beruf des Historikers. Aber wie schreibt man Texte, die man mit Genuss liest, die sich im Gedächtnis festkrallen – und wie vereinbart man das mit den Geboten der Wissenschaftlichkeit? Diese Übung diskutiert gutes Schreiben in der Geschichtswissenschaft mit dem Ziel, Studierende beim Verfassen von attraktiven populärwissenschaftlichen Texten zu unterstützen. Sie versteht sich als methodisches offenes, praxisorientiertes Forum für alle, denen ein guter (Schreib-)Stil am Herzen liegt und die über die einschlägigen Fragen ergebnisoffen diskutieren möchten. Dabei geht es zugleich um Einblicke in mögliche Berufsfelder für HistorikerInnen. Prof. Uekötter bietet dieses Übung regelmäßig im Sommersemester an. TeilnehmerInnen sollten das Integrierte Proseminar (IPS) erfolgreich absolviert haben und mit dem Schreiben einer wissenschaftlichen Hausarbeit vertraut sein.
Donnerstag 16-18 Uhr
Erste Sitzung: 10. April 2025
GA 5/39
Prof. Dr. Frank Uekötter
Das Programm können Sie hier downloaden.
16.4.2025 GA 04/149
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Marie Schneider (Bochum) |
Alternative auf dem Land – das Land als Alternative? Die Entstehung eines neuen Milieus im ländlichen Raum (1970–1990)
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23.4.2025 GA 04/149
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Hannes Schrader (Hamburg/Berlin) |
Das Pergamonster: Wie ich ohne Kontakte, Ahnung und Vorwissen investigativ zu einem deutschen Bauprojekt recherchierte (und warum Sie das auch können)
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30.4.2025 GA 04/149
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Timo Mohr (München) |
Thawing Arctic, Freezing Relations? Shifting Energy Relations between Russia, Japan, and Northeast Asia in Contemporary Times
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8.5.2025 (Donnerstag) UB 1/09
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PD Dr. Anna Veronika Wendland (Marburg)
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Umwelt und Krieg: Ökosysteme und technische Infrastrukturen im Fadenkreuz des russischen Angriffs auf die Ukraine
Kolloquium des Osteuropa Kollegs NRW
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14.5.2025 UB 1/09
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Prof. Dr. Oksana Nagornaia (Berlin) |
Militarisierte Umwelt: Natur und Raum an der Ostfront des Ersten Weltkrieges
Kolloquium des Osteuropa Kollegs NRW
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21.5.2025 UB 1/09
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Dr. Olesya Khromeychuk (London)
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Writing War: History, Knowledge, and Resistance
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28.5.2025 GA 04/149
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Prof. Dr. Natalia Ryzhova (Olmouc/Bochum) |
In Search of Monocultures for the New Socialist Agroproduction: Experiments with Soybeans in Ukraine and the Caucasus in the 1930s
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4.6.2025 UB 1/09
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Dr. Jörg Morré (Berlin) |
Ein Museum gegen den Krieg: Geschichte des deutsch-russischen Erinnerungsprojekts in Berlin-Karlshorst
Kolloquium des Osteuropa Kollegs NRW
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18.6.2025 GA 04/149
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Dr. Stefanie Palm (München) |
Hans-Christoph Seebohm: Erster Bundesverkehrsminister und rechtskonservativer Politiker
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25.6.2025 GA 04/149
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Prof. Dr. Jan Arend (Tübingen/München) |
Sollte man einen Wissenschaftspreis nach Fritz Scheffer benennen? Ein Bericht aus der Werkstatt des wissenschaftshistorischen Gutachters
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2.7.2025 GA 04/149
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Dr. Benjamin Beuerle (Berlin) |
Erneuerbare Energien in der Sowjetunion und im postsowjetischen Raum: Perspektiven, Motive und Kapazitäten im Wandel
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9.7.2025 UB 1/09
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Prof. Dr. Ulrich Schmid (St. Gallen) |
Umweltschutz im Kalten Krieg: der Dienstschriftsteller Leonid Leonov und der Dissident Oleg Volkov
Kolloquium des Osteuropa Kollegs NRW |
Mittwoch 18-20 Uhr
Erste Sitzung: 9. April 2025
GA 04/149
Prof. Dr. Sören Urbansky und Prof. Dr. Frank Uekötter